Damit Kinder lernen können, ihren eigenen Gefühlen zu vertrauen, braucht es bestimmte innere und äußere Voraussetzungen. Das sind Beziehungsbedingungen, Erfahrungsräume und körperlich-neurologische Grundlagen.


Das Gefühl von Sicherheit entsteht durch die Resonanz und Konsistenz von Bezugspersonen. Erst wenn du spürst: „Meine Gefühle überfordern niemanden“, beginnst du, ihnen zu vertrauen. Dazu gehört auch, dass deine Gefühle akzeptiert und gespiegelt werden. Wenn du traurig bist und jemand das spürt und mitfühlt, dann lernst du: „Mein Gefühl macht Sinn. Es stimmt, was ich gerade fühle.“
Sätze wie „Jetzt stell dich nicht so an!“ und „Das kann doch nicht so weh tun.“ sind übergriffig und verletzen die Gültigkeit deiner Gefühle. Gaslighting und Bagatellisierung verhindern die Entwicklung deiner Selbstwahrnehmung.
Fühlen braucht Freiräume. Das heißt, du darfst wütend, traurig, neidisch, eifersüchtig, ängstlich, albern und euphorisch sein. Es ist die Aufgabe deiner Bezugspersonen, dich in deinem Fühlen zu begleiten – und nicht dich steuern und kontrollieren zu wollen. So lernst du mit der Zeit, deine Gefühle zu benennen und deine innere Welt auszudrücken.
Deine innere Welt entsteht nicht erst, wenn du dich in deiner Außenwelt orientieren und ausdrücken kannst. Sie ist schon da. Wir sind schon ungeboren fühlende, spürende Lebewesen in einem Strom von Empfindungen, Körperzuständen, Bedürfnissen. Noch bevor das Nervensystem vollständig ausgereift ist, gibt es eine Bedeutungsträgerschaft des Körpers. Schmerz, Hunger, Wärme, Nähe, Spannung, Entspannung – all das sind Informationen, aber nicht im kognitiven Sinn, sondern als unmittelbares Erleben.
Das Spüren ist der Ursprung, das Denken der Versuch, sich zu orientieren – und das Sprechen der Mut, sich zu zeigen. Zwischen diesen Polen bewegt sich die Entwicklung deines Selbst.